Von Gottes Gnaden II by Nataly von Eschstruth

Von Gottes Gnaden II by Nataly von Eschstruth

Autor:Nataly von Eschstruth [Eschstruth, Nataly von]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-04-07T00:00:00+00:00


XX.

Frau Geheimrätin Eikhoff gab ihrer Nichte zu Ehren einen Ball.

Man war in den Gesellschaftskreisen fest überzeugt, dass an diesem Abend die Verlobung Joëls mit Erika veröffentlicht werden sollte, denn welch einen anderen Zweck hätte es sonst gehabt, das junge Mädchen, welches nur dem Namen nach als „Nichte“ bezeichnet wurde, sonst aber kaum mit den Eikhoffs verwandt war, für Wochen hinaus in das Haus zu laden.

Joël hatte sie selber als einzige Tochter und gute Partie bezeichnet, und wenn er ja auch durchaus nicht auf Geld zu sehen brauchte, so weiss man doch, dass kein Mann, selbst der reichste, gleichgültig gegen eine gute Mitgift ist.

Ausserdem war Fräulein Koltitz sehr frisch und hübsch, eine niedliche und sympathische Erscheinung, durchaus nicht mit jenen Gänschen vom Lande zu vergleichen, welche über ihre eigenen Gliedmassen stolpern und den Fisch mit dem Messer essen, — man hatte auf derartige Land- und Gutsverhältnisse gerechnet, nach der Beschreibung, welche Mutter und Sohn Eikhoff ehemals von Ellerndörp gemacht. Es schien übertrieben gewesen zu sein, wie alles, was neuerdings im Hause der Geheimrätin gesprochen und gethan wurde.

Man hatte fest auf die Verlobung gerechnet und war um so verblüffter, als man die übergrosse Gleichgültigkeit der beiden jungen Leute bemerkte.

Joël hatte kaum einen Blick für die Cousine und Erika schien sich für alle anderen Menschen mehr zu interessieren, als für den Komponisten der Dorflurle.

Dennoch erschien derselbe so nervös erregt und zerstreut, dass man auf irgend eine bedeutsame Ursache gefasst sein konnte.

Die Neugierde ward befriedigt, als ziemlich spät, beinahe als Letzte der Geladenen, eine neue Persönlichkeit im Kreise der Bekannten „erstrahlte“!

In wundervoller Toilette, funkelnd in Diamantenpracht, rauschte Daphne über die Schwelle. Sie war klug und taktvoll genug, die fremde Gesellschaft erst kennen lernen zu wollen, ehe sie durch irgend eine Extravaganz vielleicht dem Neid und der Eifersucht eine Handhabe gab, sie hatte ihre griechische Kleidung heute verschmäht, nur das Köpfchen war und blieb „antik“!

Dennoch war ihre ganze Erscheinung aussergewöhnlich und interessant. Die Kostbarkeit ihrer Toilette ging Hand in Hand mit dem gediegensten Geschmack, und wenn auch niemand recht zu sagen wusste, in was die Eigenart ihres Wesens bestand, so war man doch ohne weiteres überzeugt, ein ganz besonderes Menschenkind vor sich zu haben.

„Eine Schriftstellerin!“ — Landen hatte dem Nächststehenden diese Auskunft gegeben, und wie ein Lauffeuer flog das Wort von Mund zu Mund. Natürlich, eine Schriftstellerin! Nun begriff man den durchgeisteten Blick ihrer Augen, die seltsam bilderreiche Sprache, welche oft so geistvoll hohen Aufschwung nahm, dass man dem Gedankenflug kaum folgen konnte. Ihre Stimme klang so köstlich, dass man ihr lauschte wie Musik und darüber keine Zeit fand, nachzudenken, ob die interessanten Floskeln sinnig oder unsinnig seien. Jedenfalls waren sie originell.

Seit sie die Salons betreten, hatte Joël nur noch Auge und Ohr für sie, welche seine Huldigungen sehr liebenswürdig, aber doch sehr gelassen, als etwas Selbstverständliches hinnahm. Das imponierte den Zuschauern am meisten.

Baronin Galavera bemühte sich voll bezaubernder Liebenswürdigkeit um alle Anwesenden, niemand übersehend, für jeden eine gewinnende Höflichkeit bereit haltend, Joël, welcher wie ein Schatten unzertrennlich folgte, an ihrer Seite freundlich duldend, ohne sich im mindesten zu bemühen, ihn an sich zu fesseln.



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